Depression

Merkmale der Depression

Personen, die an einer Major Depression leiden, zeigen über mindestens zwei Wochen lang an fast allen Tagen und über die meiste Zeit des Tages hinweg eine depressiveniedergeschlagene Stimmung und Interessenlosigkeit. Außenstehende können ihnen ansehen, dass sie traurig, hoffnungslos und deprimiert sind. Häufig kann es auch zu einer erhöhten Reizbarkeit, in Form von Jähzorn, Ärger, Schuldzuweisungen und einer niedrigen Frustrationstoleranz kommen. Betroffene verlieren die Freude an ihren Hobbys, oder anderen Aktivitäten, die sie früher gerne gemacht haben. Sie ziehen sich aufgrund der Depression sozial zurück und ihr Interesse an sexuellen Tätigkeiten oder Fantasien schwindet immer mehr.

Essverhalten

Zusätzlich können sich Auffälligkeiten im Appetit und Gewicht manifestieren. Depressive Personen müssen sich entweder regelrecht dazu zwingen etwas zu essen oder sie können einem Heißhunger auf Süßigkeiten oder anderen Nahrungsmitteln unmöglich wiederstehen. Nachts neigen Depressive dazu aufzuwachen und nicht mehr einschlafen zu können oder sie wachen morgens schon Stunden vor ihrer normalen Aufwachzeit auf. Eher selten zeigt sich das Bild einer Hypersomnie.

Unruhe

Des Weiteren fällt bei depressiven Personen auf, dass sie kaum in der Lage sind still zu sitzen. Sie gehen unentwegt auf und ab, reiben oder zupfen an der Haut, an ihrer Kleidung oder an anderen Gegenständen. Andererseits kann sich aber auch eine psychomotorische Verlangsamung ausbilden. So erscheinen Betroffene äußerst gehemmt beim Sprechen, beim Denken und in ihren Bewegungen. Antworten brauchen länger und die Sprache ist leise, monoton und mit wenig Abwechslung. Personen mit einer Depression haben Probleme sich zu konzentrieren, tun sich schwer Entscheidungen zu treffen, wirken eher zerstreut und klagen über Gedächtnisschwierigkeiten. Typischerweise fühlen sich Personen mit einer Major Depression selbst nach kleinsten Aufgaben übermäßig erschöpft. Sie brauchen länger, um etwas zu erledigen und schaffen es dabei kaum, die Aufgaben ordnungsgemäß auszuführen. Für das tägliche Waschen und Anziehen brauchen sie meist doppelt so lang wie normal.

Selbstwertgefühl

Zudem plagen sie Gefühle der eigenen Wertlosigkeit und Schuld. Sie machen sich Vorwürfe wegen kleinen Fehlern oder Ereignissen in der Vergangenheit. Nicht selten kommt es bei einer Depression zu immer wieder auftretenden Gedanken an den Tod bzw. Versuchen sich das Leben zu nehmen. Betroffene sind dann der Meinung, dass der eigene Tod für die Mitmenschen eine Erleichterung und für sie selbst eine Erlösung, von einem endlos andauernd wahrgenommenen schmerzhaften Gefühlszustand, wäre.

Damit von einer depressiven Störung gesprochen werden kann, müssen die Betroffenen massiv unter den Symptomen leiden oder in ihren sozialen, beruflichen oder anderweitigen Funktionsbereichen deutlich eingeschränkt werden. So kann es zu einem Verlust des Arbeitsplatzes, Problemen in engen Beziehungen und Partnerschaften (Scheidung), sexuellen Problemen oder einem Missbrauch von Alkohol oder anderen Substanzen kommen. Personen mit einer Major Depression klagen häufig über Kopf-, Gelenk-, Bauch- oder andere Schmerzen und können Panikattacken ausbilden. Bei schweren Formen einer depressiven Störung schaffen es betroffene Personen nicht, sich selbst zu versorgen oder eine minimale persönliche Hygiene beizubehalten.

Andere Störungen

Die Major Depression tritt häufig zusammen mit anderen psychischen Störungen auf, so z.B. mit substanzinduzierten Störungen, einer Panikstörung, einer Zwangsstörung, einer Anorexia Nervosa, einer Bulimia Nervosa oder einer Borderline Persönlichkeitsstörung.

Bei der dysthymen Störung liegt eine chronisch depressive Verstimmung für mindestens zwei Jahre an den meisten Tagen vor. Betroffene beschreiben ihre Stimmung als traurig oder niedergeschlagen. Außerdem leiden sie an vermindertem Appetit oder übermäßigem Essensdrang, Schlaflosigkeit oder verstärktes Bedürfnis nach Schlaf, einem Energiemangel oder Erschöpfung, einem erniedrigten Selbstwertgefühl, Schwierigkeiten sich zu konzentrieren und zu entscheiden oder dem Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Das Störungsbild der Dysthymie kann in Verbindung mit der Borderline, der histrionischen, der narzisstischen, der ängstlich-vermeidende  und der abhängigen Persönlichkeitsstörung oder auch mit einer Substanzabhängigkeit auftreten.

Verlauf

In der Regel entwickeln sich die Symptome einer Major Depression über einige Tage oder Wochen. Manche Personen zeigen einen schleichenden Beginn innerhalb von einigen Wochen oder Monaten – die sogenannte Prodromalphase – in der die Symptome nur in leichter Ausprägung vorhanden sind. In der Mehrzahl der Fälle gehen die depressiven Symptome vollständig zurück. Bei ungefähr 20 bis 30% halten sich ein paar Restsymptome über Monate oder Jahre hinweg.

Im Verlauf eines Lebens können nur eine einzige (welche generell um die 4 Monate oder länger andauert) oder mehrere Episoden einer Major Depression vorkommen. 5 bis 10% der Betroffenen zeigen einen chronischen Verlauf. Manche zeigen vereinzelte depressive Episoden mit jahrelangen Intervallen ohne Symptome, andere entwickeln mit zunehmendem Alter häufigere Episoden und kürzere Intervalle ohne Symptome. Dabei gilt eine Episode der Major Depression als abgeschlossen, wenn der Betroffene innerhalb von mindestens zwei Monaten symptomfrei ist.

Haben Menschen eine einzelne Episode einer Major Depression durchlebt, dann besteht eine 60%ige Wahrscheinlichkeit, dass sie an einer weiteren Episode erkranken. Nach zwei depressiven Episoden erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer dritten auf 70%, bei drei auf 90%. Bei ungefähr 5-10% der Betroffenen tritt nach einer einzelnen Episode einer Major Depression anschließend eine manische Episode (Manie) auf.

Eine Major Depression ist in jedem Alter möglich. Das durchschnittliche Ersterkrankungsalter liegt jedoch zwischen dem zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr. In den letzten Jahrzehnten zeigt sich der Beginn einer Major Depression immer früher. Personen mit einer Major Depression sind unter anderem suizidgefährdet. Bis zu 15% der Betroffenen nehmen sich das Leben. In der Altersgruppe der über 55-Jährigen hat sich eine viermal so hohe Mortalitätsrate (Anzahl der Todesfälle im Verhältnis zur Bevölkerung) gezeigt.

Die dysthyme Störung zeigt oftmals einen frühen (d.h. in der Kindheit, in den Jugendjahren oder im frühen Erwachsenenalter), schleichenden Beginn und nimmt in der Regel einen chronischen Verlauf.

Zahlen

Die Wahrscheinlichkeit an einer Major Depression zu erkranken liegt bei Frauen aus der Allgemeinbevölkerung zwischen 10 und 25% und für Männer zwischen 5 und 12%. Zur Zeit leiden Schätzungen zufolge ca. 5-9% aller Frauen und 2-3% aller Männer an einer Depression. Die Prävalenzraten scheinen unabhängig von der ethnischen Herkunft, dem Bildungsgrad, dem Einkommen und dem Familienstand zu sein.

An einer dysthymen Störung leiden zwei bis dreimal mehr Frauen als Männer und die Lebenszeitprävalenz liegt bei ca. 6%. Im Moment leiden ca. 3% an einer Dysthymie. Frauen weisen gegenüber Männern ein deutlich höheres Risiko auf, irgendwann im Leben eine depressive Episode zu entwickeln. Einige berichten, dass sich die Symptome ein paar Tage vor der Menstruation verschlechtern. Depressive Episoden treten bei Frauen zweimal häufiger als bei Männern auf.

Subtypen

Für das Störungsbild der Depression werden keine Subtypen unterschieden.

Therapie

Depressionen sind häufig Gegenstand einer psychotherapeutischen Behandlung, da die affektive Störung nicht nur für sich alleine auftritt. Viele Menschen mit einer anderen psychischen Störung leiden zusätzlich an einer Depression.

Psychoanalytische Therapie

In der psychoanalytischen Therapie versucht der Therapeut den depressiven Klienten dabei zu unterstützen, unbewusste Trauererlebnisse über reale oder vorgestellte Verlusterlebnisse wieder bewusst zu machen und zu überwinden. Dabei sollen die Betroffenen auch ihre übermäßige Abhängigkeit von anderen Menschen ablegen. So kommen Methoden wie freie Assoziation, Traumdeutung, Aufdeckung von Widerständen und Übetragungsversuchen und das Wiedererleben von vergangenen Ereignissen und Gefühlen zum Einsatz.

Im Laufe der Therapie einer Depression soll der Klient dazu befähigt werden, allmählich unabhängiger von anderen zu sein, mit Verlusten besser umzugehen und sein Alltagsleben wieder meistern zu können. Diese Form der Therapie hat sich in der Forschung als eingeschränkt wirksam bei Depressionen erwiesen, da sich Patienten oft zu energielos fühlen, um sich am Therapiegeschehen aktiv zu beteiligen. Meist dauert ihnen das Verfahren auch zu lange, bis sich endlich eine Besserung der Symptome einstellt. Eine psychoanalytische Kurzzeittherapie hat sich für die Behandlung einer Depression als sinnvoller erwiesen.

Kognitive Verhaltenstherapie

Die kognitive Verhaltenstherapie hat sich als äußerst wirksam bei der Behandlung der Major Depression gezeigt. So versucht ein Ansatz nach Peter Lewinsohn die fehlende positive Verstärkung im Leben der Patienten wieder zurückzuerlangen. Bei der Behandlung werden die Personen mit einer Depression wieder mit Ereignissen und Aktivitäten vertraut gemacht, die sie einmal als angenehm empfanden. Sie werden systematisch für nicht-depressives Verhalten verstärkt bzw. belohnt und in ihren interpersonalen Fertigkeiten trainiert.

Bei der kognitiven Therapie der Depression nach Aaron Beck geht man davon aus, dass die affektive Störung das Ergebnis einer Kette kognitiver Fehler ist. Depressive Menschen neigen zu fehlangepassten Einstellungen, die zu einer negativen Sichtweise der eigenen Person, der Welt im Allgemeinen und der eigenen Zukunft führen. Die verzerrte Sichtweise manifestiert sich in anhaltenden negativen Gedanken, die das Bewusstsein überfluten und die depressiven Symptome hervorrufen. In der Therapie versucht der Therapeut gemeinsam mit dem Patienten, die dysfunktionalen Denkprozesse aufzudecken und zu verändern. Dadurch soll sich die Stimmung wieder aufhellen und das Verhalten normalisieren. Bei etwa 50 bis 60% der kognitiv behandelten Betroffenen gehen die depressiven Symptome vollständig zurück. Die Therapie wird auch als Gruppentherapie angewandt.

Seit den 1950er Jahren werden auch Antidepressiva erfolgreich bei der Behandlung der Depression eingesetzt.

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