Pavor Nocturnus (Nachtangst)

Merkmale

Das wesentliche Merkmal des Pavor Nocturnus sind nächtliche Episoden intensiver Angst mit heftigen Panikschreien, körperlichen Bewegungen und autonomer Erregung. Die Episoden treten meist im ersten Drittel der Nacht auf und dauern zwischen einer und zehn Minuten. Die betroffene Person schreckt mit einem Panikschrei aus dem Schlaf auf und zeigt körperliche Angstsymptome, wie z.B. schnelle Atmung, Hautrötung, Schwitzen und erhöhte Muskelspannung. Während einer Episode ist die Person kaum zu wecken oder zu beruhigen. Ein Eingreifen anderer kann im Gegenteil zu noch heftigerer Angst führen, da die Person für einige Minuten desorientiert und durcheinander sein kann. Es kann sein, dass sich die Person aktiv dagegen wehrt, festgehalten zu werden oder sogar differenzierte Bewegungsabläufe (wie z.B. Boxen oder Flüchten) zeigt. Diese Verhaltensweisen können als Versuch der Selbstverteidigung oder Flucht vor einer Gefahr gedeutet werden und tragen zu einem erhöhten Verletzungsrisiko bei. Wenn die Person nach einer Episode von Pavor Nocturnus aufwacht, kann sie sich nicht an einen konkreten Trauminhalt erinnern (wie bei Albträumen), sondern höchstens an einzelne fragmentarische Bilder. Meistens wacht die Person nicht ganz auf, schläft wieder ein und kann sich am nächsten Morgen nicht an das Ereignis erinnern.

Es kann vorkommen, dass Episoden gleichzeitig Merkmale des Pavor Nocturnus und des Schlafwandelns aufweisen. Risikofaktoren für das Auftreten von Pavor Nocturnus sind der Gebrauch von Alkohol und Beruhigungsmitteln, Schlafentzug, eine Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Müdigkeit sowie körperliche und seelische Belastungen.

Um die Diagnose des Pavor Nocturnus stellen zu können, muss der Betroffene deutlich unter den Episoden leiden oder beeinträchtigt sein. Die wiederholten Episoden können auch negative Folgen im sozialen Bereich haben, da der Betroffene aus Scham Situationen vermeidet, in denen andere die Episoden mitbekommen könnten (z.B. beim Übernachten bei Freunden, dem Partner oder bei Urlauben).

Bei Erwachsenen treten häufig andere psychische Störungen im Zusammenhang mit Pavor Nocturnus auf. Vor allem bei Personen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung oder generalisierten Angststörung kommen Episoden von Pavor Nocturnus häufig vor. Auch Persönlichkeitsstörungen können im Zusammenhang mit Pavor Nocturnus auftreten. Bei Kindern findet sich keine erhöhte Wahrscheinlichkeit an anderen psychischen Störungen zu erkranken.

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Verlauf

Bei Kindern tritt ein Pavor Nocturnus meist zwischen dem 4. und 12. Lebensjahr auf – mit einer Häufung um die Einschulungszeit – und verschwindet meist spontan in der Adoleszenz. Bei Erwachsenen beginnt der Pavor Nocturnus gewöhnlich zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr und verläuft meist chronisch, mit schwankender Intensität und Häufigkeit der Episoden. Die Häufigkeit kann bei der betroffenen Person selbst über die Zeit hinweg variieren und ist auch bei verschiedenen Personen unterschiedlich stark. Meist liegt zwischen den Episoden ein Zeitraum von einigen Tagen oder Wochen, sie können aber auch an aufeinanderfolgenden Tagen auftreten.

Zahlen

Es gibt nur unzureichende Angaben über die Prävalenz des Pavor Nocturnus. Schätzungsweise treten einzelne Episoden (keine wiederholten Episoden sowie klinisch bedeutsames Leiden und Beeinträchtigung) bei 1% bis 6% der Kinder und bei nur 1% der Erwachsenen auf. Bei Kindern tritt der Pavor Nocturnus häufiger bei Jungen als bei Mädchen auf. Bei Erwachsenen ist die Verteilung gleich.

Subtypen

Bei diesem Störungsbild werden keine Subtypen unterschieden.

Therapie

Tritt der Pavor Nocturnus bei Kindern auf, ist in der Regel keine spezielle Therapie notwendig, da die Problematik meist von selbst zurückgeht und an sich keine ernste Störung ist. Verletzungsgefahr sollte jedoch vermieden werden. Wichtig ist eine Differenzialdiagnose, um andere Störungen auszuschließen. Durch eine genaue Aufklärung sollten insbesondere besorgte Eltern beruhigt werden.

Ist der Pavor Nocturnus chronisch, kann eine Verhaltenstherapie oder auch medikamentöse Behandlung sinnvoll sein. Meist reicht es jedoch schon einige Regeln der Schlafhygiene (siehe Selbsthilfetipps) zu befolgen und Stress zu reduzieren. Dazu eignen sich besonders die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen und Autogenes Training.

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